Kamerun ist ein Land in Afrika. Im Westen grenzt es an den Atlantischen Ozean, im Osten an die Zentralafrikanische Republik und den Tschad. Die Nord- Südausdehnung mit weit mehr als 2.000 Kilometern erklärt, dass es in Kamerun eine große Vielfalt an Landschaftsformen und Naturräumen gibt. Ausgehend vom Regenwald im Süden vollzieht sich in nördlicher Richtung mit zunehmender Trockenheit ein fließender Wechsel zu verschiedenen Savannenformen bis hin zur Wüste im äußersten Norden. Deswegen wird Kamerun „Afrika im Kleinen“ genannt.
Das große Land ist auch die Heimat der Bienen. Traditionsgemäß ist die Ernte von Honig aus Savanne und Regenwald weit verbreitet. In seinem Dokumentarfilm „Gbaya: Beekeeping and Honey Hunting“ beschreibt der Ethnologe Martin Gruber auf beeindruckende Weise, wie sich die Honigjagd innerhalb des Volksstammes der Gbaya bis in die heutige Zeit gehalten hat. Handwerklich äußerst geschickt zeigen mutige Männer, wie es ihnen unter zur Hilfenahme von Rauch und Feuer gelingt, ein honiggefülltes Wabenstück nach dem anderen aus den wildlebenden Bienenvölkern zu entnehmen. Haben die Bienen nicht nur die kunstvoll gefertigten Bienenkörbe sondern außerdem leere Baumhöhlen besiedelt, so werden die Gehölze kurzerhand mit wenigen Axtschlägen gefällt, um so die Höhlen der Bienenvölker besser aufschlagen zu können.
Entgegen dieser bienen- und baumschädigenden Tradition gibt es in Kamerun wie in anderen Ländern Afrikas auch nachhaltige Bemühungen, Bienen zu halten. Das Besondere daran ist, dass sich die Honiggewinnung bestens mit Entwicklungshilfe verbinden läßt. Sowohl Bienen als auch Menschen kann gleichermaßen geholfen werden. Bienenvölker werden nicht mehr ausgeräuchert und für die verarmten Bevölkerungsgruppen ergeben sich wichtige alternative Einkommensmöglichkeiten. Dass diese dringend gefunden werden müssen, ergibt sich daraus, dass das durchschnittliche Einkommen der arbeitenden Bevölkerung meist sehr gering ist. Obwohl Kamerun zu den weltweit größten Kakaoexporteuren zählt, leben die meisten Kakaobauern in bitterer Armut. Von den geringen Einnahmen stehen täglich oft nur zwischen 1 und 2 Euro zur Verfügung. Davon haben Eltern aber auch alleinstehende Frauen nicht selten mehr als 5 Kinder zu versorgen. Die Schulkosten pro Kind betragen jährlich mindestens 45 Euro. Schulabbrüche sind häufig. Die Analphabetenrate liegt bei 25 Prozent. Für Josue Damatal steht fest:
„Wenn Frauen unterstützt werden, so ist dies die beste Hilfe für ihre Familien.“
Aus diesem Notständen heraus wurden 2019 ausgehend vom anerkannten Weltdekadeprojekt der Gesamtschule Leverkusen Schlebusch "Mit Bienen in die Zukunft" erste Vorbereitungen getroffen, um mit Josue Damatal und seinem Verein „Ntui Bee friends“, in Kamerun eine gemeinsame Entwicklungszusammenarbeit mit Bienen zu starten.
Start & Verlauf
Reinhold Glüsenkamp mit einer Wabe aus einer afrikanischen Bienenbehausung Foto: Glüsenkamp
"Unsere Zusammenarbeit soll von Vertrauen geprägt sein" Josue Damatal/ Reinhold Glüsenkamp
Auf Anfrage von Reinhold Glüsenkamp, Leiter des Bienenprojektes, entschloss sich unser Verein "Horizontes" genauso schnell dazu, in die Hilfsinitiative einzusteigen, wie das Umweltzentrum "NaturGut Ophoven". In der Summe hatten sich somit vier Partner zu einem starken Bündnis zusammengeschlossen, dessen Leitidee es war, Frauen in der artgerechten Bienenhaltung so auszubilden zu lassen, damit sie dazu befähigt werden, mit dem Honigverkauf neue Einkommensmöglichkeiten zu erschließen. Die Finanzierung sollte zu gleichen Anteilen das Bienenprojekt der Schule und unser Verein Horizontes übernehmen.
Die Vertrauenspartner Ntui Bee´s Friends/ Bienenprojekt/ Horizontes/ NaturGut Ophoven
Die Koordinatoren Glüsenkamp und Damatal erklärten sich bereit, auch für die praktische Umsetzung verantwortlich zu sein. Die nötigen Fachkompetenzen brachten sie nicht nur als Imker und Bienenschützer mit. Beide verfügten zudem über Erfahrungen in der Entwicklungshilfe. Letztendlich erwies sich auch noch ihr intensiver Austausch in deutscher Sprache als wesentliches Element der erfolgreichen Entwicklung.
Die Kenntnisse zur deutschen Sprache verdankt Josue Damatal seiner Ausbildung zum Lehrer. Seinen erlernten Beruf wollte er aber nicht jeden Tag der Woche ausüben, da ihm dabei viel zu viel Zeit für das verloren gehen würde, was ihm ganz besonders am Herzen liegt: sein unermüdlicher Einsatz als Imker und Kleinbauer. Eine absolute Selbstverständlichkeit ist es für ihn, seine Tiere artgerecht zu halten und die Gemüse- und Futterpflanzen biologisch anzubauen. In seiner Leidenschaft als Imker hat er bereits 2010 damit begonnen, pädagogisch ausgerichtete Bienenschutzkonzepte zu entwickeln, mit denen er und sein Verein "Ntui Bee´s friends" gleichzeitig die Armut im Lande bekämpften will.
2019 2019 war es dann soweit. Mit einer gefestigten Finanzierung konnte Josue Damatal damit beginnen, fünf Frauen in der Haltung von Bienen auszubilden. Fachgerecht wurden sie mit allen nötigen Mitteln ausgestattet. Jede Frau erhielt zunächst zwei Bienenvölker. Die eindrucksvollen Fotos und Videoclps, die uns im Laufe des Jahres vom Bau und der Besiedlung der Bienenkästen erreichten, festigten sehr schnell den Entschluss, die Förderung in einem zweiten Jahr fortzuführen.
"Toll, wie unser Projekt die Welt ein Stückchen besser macht."
Tom Kirschstein/ Schülersprecher Bienenprojekt
Marceline zeigt ihr ganzes Können Video: Damatal
2020 Auch von Seiten der afrikanischen Frauen war es der große Wunsch, die erfolgreich begonnene Ausbildung fortzusetzen. Als erstes musste dem starken Vermehrungstrieb der afrikanischen Bienen begegnet werden. Denn durch den Auszug von Schwärmen wurde der Bestand der zehn Völker leider auf 6 reduziert. Mit dem Bau und der Aufstellung neuer Kästen aber, konnten diese Verluste fast vollständig wieder ausgeglichen werden. Zwei wilde Bienenschwärme besiedelten die bereitgestellten Behausungen von ganz alleine. Bei den regelmäßigen Völkerkontrollen haben die Frauen ihre Ängste vor den angriffslustigen Bienen mehr und mehr abgelegt. Es stärkte sich das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, was besonders schön in dem nebenstehenden Clip zu sehen ist.
2021 Je früher Bildung für nachhaltige Entwicklung einsetzt, umso größer sind die Aussichten dafür, dass sich nachwachsende Generationen auch tatkräftig für eine lebenswerte Zukunft einsetzen. Dies gilt auch in Kamerun. Folgerichtig wurde parallel zur weiteren Förderung der Frauen dem großen Wunsch Josue Damatals entsprochen und damit begonnen, den Aufbau eines Bienen – Kinderclub zu unterstützen. "Die Mitglieder des Clubs sind zukünftige Imker, die hoffentlich die Mentalitäten und den blinden Glauben an die Religion der Kakaokultur verändern werden, die bis dahin keine Entwicklung mitgebracht hat." Josue Damatal
"Die Kinder sind wie ein Samen, den man gesät hat. Sie helfen dabei, die weit verbreitete Angst vor den Bienen bei den Erwachsenen zu beseitigen."
Charles
Um sich bei seinen vielfältigen Tätigkeiten zu entlasten, hat Josue Damatal den Studenten der Landwirtschaft, Mbousso Ngolma, als seinen Gehilfen angelernt. Kurz wird er auch "Charles" genannt.Für ihn ist es eine große Ehre mit dabei sein zu dürfen. Das Studium hat Charles seinem Engagement angepasst und den Schwerpunkt "Bienenzucht" ausgewählt.
"Die Imkerausbildung bei Josue Damatal hat mich zu einer außergewöhnlichen Person gemacht." Charles
2022 Längst haben die Fortschritte der Frauen gezeigt, dass die eingeschlagenen Wege die richtigen sind, ein entscheidender Grund, die Gruppe mit drei weiteren Mitgliedern zu vergrößern. Auf diese Weise formte sich zunehmend eine kleine Genossenschaft. Die Treffen an den Bienenvölkern fanden meist in Kleingruppen und in der Regel ein- bis zweimal pro Monat statt. Pädagogisch, einfühlsam und fachlich kompetent wurden die Teilnehmerinnen an unterschiedliche Arbeiten herangeführt.
Diese Gruppenerfahrungen erwiesen sich für die Neuen als ganz besonders wertvoll, denn damit konnte ihre Eingewöhnungszeit entscheidend verkürzt werden.
Schneller als erwartet wurde der Einsatz belohnt. Das Jahr war noch nicht vergangen, da konnten alle Neulinge bereits erste gefüllte Honigwaben aus ihren eigenen Bienenvölkern entnehmen. Wenn es zunächst auch nur sehr wenige waren, so war bei allen die Gewissheit gefestigt, dass sich die Ausbeute zukünftig noch deutlich steigern lassen würde. Schließlich waren den Unerfahrenen die Erträge der anderen Gruppenteilnehmer mit mehr als 25kg Honig nicht entgangen. Bei Cecile wurde es dann ganz deutlich, wie sehr sich die gewonnene Praxis im Verlaufe der Zeit ausgewirkt hatte. Von 7kg im zweiten Jahr stieg ihre Ernte im darauffolgenden Jahr auf 20kg und im Jahr 2022 auf stolze 35kg.
"Ich freue mich sehr darüber, wie es unserer Hilfsinitiative gelingt, afrikanische Frauen in der Haltung von Bienen auszubilden."
Reinhold Glüsenkamp
Honigverkauf an der Marktstraße Foto: Damatal
2023 Wie sehr die positive Entwicklung voranschreitet lässt sich auch daran erkennen, dass es allen Frauen gelingt ihren Honig eigenständig zu verkaufen. Die Nachfrage ist groß. Erleichternd kommt hinzu, dass auch wiederverwendete Plastikflaschen ohne Etiketten zum Einsatz kommen können. Demnächst wird ein mobiler Marktstand die Möglichkeiten weiter verbessern.
Kinder pflanzen bienenfreundliche Bäumchen Foto: Damatal
Der Kinderclub hat nun auch zwei eigene Bienenvölker. Mit Freude haben sich alle Teilnehmer am Bau der nötigen Kästen beteiligt und bestaunt, wie sie von Josue Damatal mit Bienen samt Königin besiedelt wurden.
Für die Zukunft pflanzten sie in einer tollen Gemeinschaftsaktion viele bienenfreundliche Bäumchen direkt an ihrem Bienenstand. Den jungen Bienenfreunden und Naturschützern konnte so vor vor Augen geführt werden, dass sie damit im doppelten Sinne etwas Gutes gemacht haben: einmal im Hinblick auf das zu erwartende größere Blütenangebot und zum anderen durch einen kleinen Ausgleich der voranschreitetenden Refenwaldzerstörung im Umland von Ntui.