Vulkane und Dichter
Mitglieder von „Horizontes e. V.“ besuchen Hilfsprojekte in Nicaragua
Im Instituto Filemón Rivera Quintero in Chinandega
Als Jennifer aufsteht und den nicaraguanischen Dichter Rubén Dario voller Inbrunst rezitiert, ist es ganz still im Raum. Hier, in der Literaturklasse des Instituto Filemón Rivera Quintero in Chinandega, verehren alle das “poeta niño”, das dichterische Wunderkind ihres Landes. Auch die Besucher aus Deutschland sind beeindruckt. Eine kleine Delegation des Vereins „Horizontes“ ist nach Nicaragua geflogen, um sich die von ihnen unterstützen Projekte vor Ort anzuschauen.
Jennifer rezitiert den nicaraguanischen Dichter Rubén Dario
„Nicaragua, wo liegt das eigentlich?“ Viele Schüler*innen der GLS sind erstmal ein wenig ratlos, wenn sie von dem fernen Land in Mittelamerika hören. Immer wieder ist es Thema, beispielsweise in Gesellschaftslehre, wo über Leverkusens Partnerstadt Chinandega und den Verein „Horizontes“ gesprochen wird. Er wurde bereits 2004 auf Initiative verschiedener Lehrkräfte gegründet, um in der Schule über die Situation in ärmeren Ländern zu informieren und konkret Hilfsprojekte zu unterstützen.
Vulkane so weit das Auge reicht
Geld aus dem GLS-Spendenlauf und der jährlich stattfindenden Karawane wird dafür verwendet, 46 Jugendlichen aus sehr armen Familien eine Schulbildung zu ermöglichen. Auch Studenten und Kindern aus den ländlichen Bereichen Chinandegas wird geholfen, materiell wie im sozialen Bereich. „Viele Mädchen werden bereits sehr früh schwanger“, erzählt Cecilia, Sozialarbeiterin im Ruhestand, die in ihrer Wohnung Jugendlichen Raum zum Zusammensein und Rat holen bietet. Sie zeigt ihnen Wege aus der Misere auf und hilft bei den unterschiedlichsten Problemen.
Viele Menschen leben in ärmlichen Behausungen am Straßenrand
Nicaragua, das sich in einer politisch und wirtschaftlich nicht ganz einfachen Situation befindet, ist ein wunderschönes Land mit unheimlich freundlichen Menschen und eindrucksvollen alten Kolonialstädten wie Granada und León. Auf der Reise durch die Landesteile waren die (teilweise aktiven) Vulkane am Horizont ständiger Begleiter. Im Nicaraguasee, der 16 mal so groß wie der Bodensee ist, befindet sich die Insel Ometepe, die aus zwei Vulkanen besteht und traumhafte Unterkünfte bietet.
Chinandega – Leverkusens Partnerstadt in Nicaragua
Die von Horizontes unterstützten Projekte befinden sich im Westen des Landes, der an den Pazifik angrenzt. Hier gibt es viele Goldminen, in denen oft schon Kinder arbeiten müssen, um Geld zu verdienen. Eine beschwerliche Arbeit, die die Chance auf Bildung zunichte macht. Hier bietet Maribel einen Anlaufpunkt für Kinder und Jugendliche der armen Landbevölkerung. In ihrer Finca haben sie Raum zum Spielen und Tanzen und Zusammensein.
Traumhafte Pazifikküste
Zwei Wochen Nicaragua – das verging wie im Fluge. Was bleibt, sind faszinierende Eindrücke einer so ganz anderen Kultur, Dankbarkeit für die Gastfreundschaft, Staunen über die traumhafte Landschaft und ein paar im Gedächtnis verhaftete Zeilen von Rubén Dario.
Viele Lebensmittel werden am Straßenrand verkauft – wie hier die Kokosnüsse
Wer aufmerksam durch die Wälder geht, kann verschiedene Affenarten entdecken
León – die ehemalige Hauptstadt des Landes
Rikschas werden oft als Transportmittel benutzt
Auch Kuhherden trifft man öfter mal auf der Straße an
Blick vom Vulkan Mombacho
Reisebericht von Sabine Schiek über ihre Nicaragua-Reise im Frühjahr 2022
Vom 24. Januar bis 27. Februar 2022 reisten mein Mann Volker und ich nach Nicaragua um nach 2-jähriger Pause Freunde, Projektpartner (auch schon Freunde) und die Familie zu besuchen.
Unsere Projekte in Nicaragua befinden sich in der Stadt Chinandega sowie in der gleichnamigen Region.
Unsere Fotos zeigen Schülerinnen und Schüler unserer Partnerschule, Instituto Filemon Rivera in Chinandega.
Die Schulpartnerschaft besteht seit 21 Jahren. Auch bei unserem diesjährigen Besuch haben wir uns wieder sehr über den herzlichen Empfang und das Wiedersehen mit alten Bekannten unter den Lehrern und der Schulleitung gefreut .
Zur Zeit können wir 43 Schülerinnen und Schüler mit Stipendien unterstützen.
Bei der Abiturfeier im November wurde unsere Stipendiatin Odalys Cano (Foto) als beste Abiturientin ausgezeichnet.
Alle Abgänger erhielten aufgrund der Bemühungen von der Beratungslehrerin Maritza G. eine Anstellung oder einen Praktikumsplatz:
Das ist in Nicaragua eine Besonderheit, wenn man die extrem hohe Arbeitslosigkeit sieht, die viele gut ausgebildete junge Leute zwingt im Ausland ihren Lebensunterhalt zu suchen.
Etwa 1 Million Menschen haben in den letzten 2 Jahren das Land aus wirtschaftlichen und politischen Gründen verlassen.
Cecilias Projekt „Mochila para la vida“
Diese Überschrift bedeutet Rucksack für das Leben, und gemeint sind Selbstvertrauen, Selbstbestimmung, Fertigkeiten, freies Sprechen und Gestalten, Strukturen bei Planung von Projekten und Durchhalten in schwerer Zeit. Diese Elemente werden geübt und gehören in den Rucksack, den Cecilia mit den etwa 20 Jugendlichen für ihre Zukunft packt.
Bei unserem Treffen erzählte sie uns von ihrer Weihnachtsfeier. Alle waren gekommen, alle hatten das Schuljahr erfolgreich abgeschlossen, keiner war drogenabhängig geworden, keine war schwanger und zu guter letzt ist kein Jugendlicher ins Ausland verschwunden!
Das ist Cecilias Wunsch und Projekt: in dieser Zeit so wichtig!
Die Jugendlichen verbringen Zeit miteinander, helfen einander bei Problemen, schmieden Pläne für die Zukunft: wie sie etwas Geld verdienen können mit kleinen Aktivitäten, mit dem Verkauf von Säften, Früchten, gebrauchter Kleidung, mit kleinen Dienstleistungen, Nagelstudio, Frisieren, Nachbarschaftshilfe.
Sie bereiten Programme für das örtliche Radio vor und lernen so sich auch außerhalb der Schule erfolgreich zurecht zu finden.
Zum Beispiel Nahomy, 16 Jahre, sehr schüchtern, möchte studieren.
Oder Yulixa, 17, kommunikativ, lustig, hat sich schon immer für Schönheit interessiert, möchte Kosmetikerin werden.
Maria, 15, ist unentschieden, traut sich nicht vor uns Fremden zu sprechen.
Alle kommen aber regelmäßig zu Cecilia, es gibt eine Erfrischung und dann wird diskutiert und gearbeitet.
Für uns war der Besuch eine schöne Erfahrung und wir möchten weiterhin Cecilias Arbeit unterstützen.